Von Varadero nach Havanna
Meine Entscheidung, endlich nach Kuba zu reisen, war wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass ich das Land sehen wollte, bevor das amerikanische Volk das Land als neues Ziel nutzte. Dafür gibt es mehrere Gründe, aber vor allem bin ich sicher, dass dies auch zu einem Preisanstieg führen wird. US-Präsident Barack Obama und sein kubanischer Amtskollege Raúl Castro haben im Dezember 2014 eine historische Annäherung der Erzfeinde aus der Zeit des Kalten Krieges eingeleitet. Im Juli 2015 nahmen beide Länder ihre diplomatischen Beziehungen wieder auf. Die USA erlauben ihren Bürgern jedoch nicht, Kuba als Tourist zu besuchen. Die wenigen amerikanischen Touristen fliegen derzeit über Mexiko nach Kuba. Bereits im Herbst 2016 könnte dies dann mit einem Direktflug gehen. Schon bei der Planung der Reise war klar, dass viele Menschen aus genau diesen Gründen aufbrechen würden. Daher haben wir auch mehr im Detail geplant, als wir eigentlich wollten. Wir haben die Route grob festgelegt und das eine oder andere Casa Particular im Voraus gebucht. Aber im Nachhinein haben wir alles richtig gemacht. Auch die Entscheidung, den Weg mit dem teuren Auto nicht zu beschreiten.
Nun aber von Anfang an: Unser Flug mit Air Berlin war quatratisch, praktisch, gut … aber auch nicht mehr. Wenn man wenig Geld für das Ticket bezahlt, bedeutet das wohl auf kleinstem Raum mit wenig Wasser über den Atlantik zu fliegen. Wir landen im verregneten Varadero, was zum Glück am nächsten Morgen schon vorbei ist. In den 3 Tagen zeigt sich Varadero als ein All-Inclusive-Domizil an einem 20 km langen Traumstrand mit schönen Restaurants. Allerdings erleben wir in der kurzen Zeit den Ort mit windigen und kühlen Temperaturen. Hier laufen die Leute sogar mit Daunenjacken herum. Also für uns Zeit weiter zu reisen.
Am Stadtrand finden wir einen Fahrer, der uns in seinem sehr alten Auto für sehr wenig Geld nach Matanzas fährt. Das Auto klappert und vermittelt den Eindruck, diese 1-stündige Fahrt nicht zu überstehen. Aber wenn es die letzten 60 Jahre überlebt hat, wird es uns jetzt auch nicht versagen. Auf jeden Fall reise ich auf typisch kubanische Weise sehr gerne. In Matanzas fahren wir mit dem elektrischen Zug ‘Hershey Train (1917 gebaut, um Arbeiter von der Zuckerraffinerie zu transportieren) nach Havanna. Der tuckert dann so gute 4 Stunden vor sich hin. An jedem Kuhhaufen oder Dorf halten wir an. Hin und wieder bremst der Lokführer, denn die Kuhherden bewegen sich erst in letzter Sekunde von den Gleisen. Eine andere Art zu reisen. Wir sind aber damit ein Teil der Landbevölkerung, die davon abhängig ist, dass zweimal am Tag der billige ‘Hershey Train’ vorbeituckert. (Reisepreis 2,80 €)
Havanna – eine Stadt zwischen Glanz und Verfall
Havanna ist nicht nur die Hauptstadt, sondern mit 2,1 Millionen Einwohnern auch die größte Stadt der Karbik. Jeder fünfte Kubaner lebt in dieser Stadt, in deren Straßen man an jeder Ecke auf steinerne Geschichte stößt. Es ist schwer in Worte zu fassen, wie viele Eindrücke man hier sammeln kann. Eine Stadt, die derzeit wirklich gut poliert wird, in erster Linie allerdings nur die prächtigen Repräsentationsgebäude. Die Bewohner der Altstadt leben in einem Viertel der Kontraste. Während die frisch restaurierte Pracht als Touristenattraktion in einer Straße blüht, leiden andere Kolonialgebäude, in denen Familien heute leben, unter jahrzehntelangem Zerfall. Häuser bröckeln wie Kekse, manchmal sind nur noch Fassaden übrig oder nur ein Teil eines Hauses ist bewohnbar. Bäume wachsen durch die Ruinen, Dächer sind undicht. Für mich spannende Bilder, aber für viele Menschen ein Roulette mit dem Leben. Es gibt viel Geschichte über Havanna zu erzählen, aber das würde meinen Blog etwas länger ausdehnen. Einen kleinen Auszug aus der jüngeren Geschichte findet Ihr hier:
http://www.kuba-urlaub.org/geschichte/batista-und-fidel-castro
Vielleicht erklärt das auch die Frage, warum Havanna mit Ami-Schlitten der 50 / 60er Jahre und russischen Minibussen aus den 70er / 80er Jahren gefüllt ist. Wir verbringen insgesamt 5 Tage in Havanna und bummeln durch die Straßen von Habana Vieja, Centro Habana, entlang des Malecon und fahren mit dem Oltimer Cabrio zum Plaza de la Revolution. Dieser kahle Platz ist von grauen Gebäuden umgeben, die an die ehemalige DDR erinnern und deren Mauern unter anderem den Che Guevara schmücken. Wir trinken Rum und Bier, probieren uns im renommierten Paladares (private Restaurants). Diese erweisen sich jedoch als reine Abzocke mit viel zu teuren Angeboten. Im Allgemeinen ist Havanna eine Abzocke. Taxifahren ist so unglaublich teuer, dass wir es nach ein paar Versuchen aufgeben. Bei einem angeblichen monatlichen Durchschnittseinkommen von 25 € und einer 3 km langen Taxifahrt für 10,- € fragt man sich dann, wo es noch Gerechtigkeit gibt. Ich könnte mehr Zeilen zu diesem Thema ausfüllen, aber jeder sollte seine Erfahrungen machen (übrigens: das meinte ich damit, als ich sagte, die Amerikaner werden die Preise vermasseln ;-). Trotzdem sind die Tage interessant und die vielen bunten Autos sind ein Augenschmauß, aber auch Lufverpester zugleich. Die Baustellen sind laut, aber das was restauriert wird, ist unglaublicher Prunk und pure Schönheit. Wenn wir die Stadt verlassen, sind wir der Geschichte des Landes und der Menschen etwas näher. Wir kennen jetzt die Lebensmittelgeschäfte, in denen die Kubaner ihre zugewiesenen Marken einlösen können: Es gibt ein Staatsbuch mit Lebensmittelmarken. Reis, Bohnen, Öl, Zucker, Eier, Kindermilch, Tabak, Kartoffeln und Bananen werden zu stark subventionierten Preisen in sogenannten Bodegas, den eigenen Geschäften, verkauft. Jeder Kubaner muss die Marken in einem ihm zugewiesenen Geschäft einlösen. Die Hefte werden jährlich herausgegeben, im Monat gibt es beispielsweise jeweils zwei Kilogramm Weißzucker und dunklen Zucker, knapp drei Pfund Reis und zwei Liter Öl aus dem Staat. Andererseits hat die Diktatur den Vorteil, dass es kaum Analphabeten gibt. Kommunismus bedeutet jedoch auch, dass Kuba kein freies Land ist. Dies ist der Preis für eine kostenlose Grundbildung in Kuba, für eine kostenlose Gesundheitsfürsorge, auch für freien Wohnraum. Keine Freiheit bedeutet auch: keine Meinungsfreiheit, keine Wahlen, keine Reisefreiheit. Daher ist es auch verständlich, dass alle, die jetzt die Möglichkeit haben, ein Smartphone zu besitzen, bei uns im Park sitzen und sich in das World Wide Web einwählen, um mit der Welt zu kommunizieren. WLAN ist fast ausschließlich an öffentlichen Orten in ganz Kuba verfügbar.